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Vaerg

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Autor: Scar


D

er Wind umspielte die Grashalme und ließ diese vor Vaerg’s Gesicht hin und her schaukeln. Es war nun schon einige Stunden her, seit dem sie ihre Positionen eingenommen hatten, aber dafür waren Vaerg und seine Kameraden ausgebildet worden.
Sie alle waren Anhänger des angesehenen Schützenbundes der Freien Handelsstadt Travar und Ihr Auftrag war Travar’s Beitrag, die Horden von Wharg-Schädel-Brennern zu besiegen, die sich seit einiger Zeit zu tausenden zusammenscharrten und den Überlandhandel mittlerweile fast komplett zum Erliegen gebracht haben.
Vaerg und knapp zwanzig seiner Kameraden hatten oberhalb des Iseo Passes Stellung bezogen, der geradewegs hinunter zum Schlachtfeld führte, auf dem die Reitereren der Brenner und die Throal‘s aufeinander treffen sollten.
Die Aufgabe der Schützen war, den Pass zu blockieren und zu verhindern, dass die Brenner die Frontlinien Throals umgehen. Vaerg war Anhänger des Schützenbundes solange er denken konnte. Seine Eltern hatte er nie kennengelernt und es hieß, dass sein Meister Caldorian ihn damals aus dem Waisenhaus zum Bund holte. Caldorian selbst stand dem Bund lange Zeit vor, bis er letztes Jahr überraschend auf der Jagd ums Leben kam. Der charismatische und überaus talentierte Phaellyn nahm zwar Caldorians Platz im Bund ein. Die Leere, die Caldorians Tod bei Vaerg persönlich hinterlassen hatte, konnte allerdings niemand ausfüllen, war Caldorian doch ein Vater zu ihm.
Phaellyn war sehr ehrgeizig und hatte große Pläne. So öffnete er den Bund für deutlich mehr Mitglieder und für deutlich umfangreichere Aufgaben. War der Bund zu Zeiten Caldorians ein erlesener Kreis, der sich dem Schutz der Stadt, Recht und Gerechtigkeit verschrieben hatte, so baute Phaellyn den Bund zu einem florierenden Unternehmen aus, welches die Talente seiner Mitglieder jedem bereit stellte, der genug Silber zu Verfügung hatte. Nachdem Phaellyn selbst im Wahlkampf einen Sitz im Magistrat für den Händler Iduep errungen hatte, wurde erlassen, dass die Bewachung des großen Kerkers außerhalb des Stadtgebiets ausschließlich den Mitgliedern des Schützenbundes vorbehalten bleiben sollte. Obwohl diese Kommerzialisierung des Bundes nicht nur auf Gegenliebe stieß, so genoss Phaellyn die Unterstützung vieler älterer Anhänger, die mit ihm ihren Wohlstand deutlich ausbauen konnten.

Vaerg hingegen versuchte Phaellyn seit einiger Zeit soweit wie möglich aus dem Weg zu gehen. Der Grund war Phaelara, Phaellyn’s Tochter. Beide waren heimlich ein Paar und es viel zunehmend schwerer es vor Phaellyn geheim zu halten. Ein Lächeln huschte über Vaergs Gesicht, als er an sie denken musste. Am Fuße des Iseo Passes bewegte sich plötzlich etwas und riss Vaerg aus seinen Gedanken. Ein Reiter trabte vorsichtig den Flußlauf hinauf, der zu dieser Jahreszeit nur wenig Wasser führte. Ein Ork auf einer Tundrabestie und in schwerer Rüstung. Allein. Offensichtlich ein Späher. Die Schützen ließen den Ork passieren und kurz darauf folgte die Reiterei. Vaerg beruhigte einen Atem, kontrollierte seinen Herzschlag und die Sekunden schienen sich zu langen Augenblicken zu ziehen. Sein Ziel war ein großer Ork im Zentrum des Trosses. Sein Pfeil durchschnitt die Luft und der Ork hörte nur ein kurzes Surren, bevor der Pfeil seinen Hals durchbohrte. Im gleichen Augenblick fielen knapp zwei Dutzend weiterer Orks von ihren Reittieren. Vaerg hatte bereits den nächsten Pfeil angesetzt und wollte gerade zum nächsten Ziel schweifen, als sich die Arme des toten Ork öffneten und ein kleines Knäuel freigab. Vaerg hielt einen Augenblick inne und sah, dass das es sich bei dem Knäuel um ein kleines Orkkind handelte. Er erschrak als sein Blick zum nächsten Ork wanderte und er bemerkte, dass es sich dabei um ein Frau handelte, und auch der nächste Reiter eine Frau war, ein Kleinkind vor den Bauch, eins auf den Rücken geschnallt. Dies war keine Streitmacht und die Pfeile regneten unablässig auf die Orks herab. Das Kind seines ersten Opfers weinte und schüttelte am leblosen Körper seiner Mutter- nur um Sekunden später von einem Pfeil aufgespießt zu werden. Vaerg sprang auf und schrie. Er stieß zwei seiner Nebenmänner um und lief zu Phaellyn, der Salve um Salve den Pass hinunterschickte. Sein Grinsen verzog sich, als er Vaerg befahl auf seinen Posten zurückzukehren ohne jedoch davon abzulassen seine todbringenden Pfeile zu verschießen. Wie benommen folgte Vaergs Blick Phaellyns Pfeil als sich dieser in den Rücken eines kleinen Orkmädchens bohrte. Vaerg griff ihm in den Bogen, so dass sein nächster Pfeil ins nirgendwo abschwirrte.
Außer sich vor Wut riss Phaellyn den Bogen herum und schleuderte Vaerg zu Boden und richtete den Bogen auf Vaerg. „Was erlaubst Du dir, Du Narr. Jetzt mögen es Kinder sein, aber in ein paar Jahren überfallen Sie Karawanen und töten ihrerseits Unschuldige, Frauen und Kinder. Man muss das Übel an der Wurzel packen. Jeder der das nicht verstehen will und sich mir in den Weg stellt, muss die Konsequenzen tragen.“ Plötzlich tauchte ein Schütze an Phaellyns Seite auf. „Herr, die Überlebenden ziehen sich richtig Schlachtfeld zurück. Sollen wir die Verfolgung aufnehmen?“ „Nein, sichert den Pass und holt die Skalps der ausgewachsenen Orks, dafür werden wir immer hin bezahlt. Die Kinder vergrabt“, erwiderte Phaellyn. Der Blick des Schützen traf Vaergs und er hielt kurz inne. „Ist noch was Schütze?“, herrschte ihn Phaellyn an. „Nn-nein, Herr“. „ Dann führe gefälligst deine Befehle aus!“. „Jawohl Herr.“ Der Schütze verschwand und auch Vaerg hatte die Gunst des Augenblicks genutzt durch das hohe Gras zu fliehen. Vaerg glaubte sich fast schon außer Reichweite als auch er das Surren vernahm, als der Pfeil die Luft durchschnitt und sich in Vaergs Rücken bohrte. Die Wucht hob Vaerg in die Luft und trug ihn über den Rand den Abhang hinab.
Als Vaerg wieder zu sich kam, lag er tief im Unterholz am Fuße des Abhangs. Er benötigte einige Augenblicke zu realisieren, was gerade passiert war. Obwohl es ihm erst als unwirklich erschien, so ließen die Schmerzen, hervorgerufen durch Phaellyns Pfeil in seinem Rücken, keinen Zweifel aufkommen. Seine Kameraden suchten bereits nach ihm. Nein, es waren nicht mehr die Seinen. Er war jetzt auf sich allein gestellt. Er rückte noch tiefer ins Unterholz.





This particular version was published on 05-Aug-2010 17:10:22 CEST by Scar.


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