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JSPWiki v2.2.28
 
Saveyourinternet

Der Unterschied zwischen version 139 und version 138:

__''Autor: [Sebastian]''__
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__Viele kleine Webseiten mit frei editierbarem Content sind aktuell durch ein Gesetzesvorhaben der EU bedroht.__ Es geht konkret um Uploadfilter und Providerhaftung. Durch dieses Gesetz werden Plattformen ähnlich der unseren in Haftung genommen, falls ein Benutzer Copyright verletzendes Material hochlädt. Bisher ist jeder Benutzer selbst verantwortlich, und der Ablauf so: man beschwert sich beim Seitenbetreiber, der löscht den entsprechenden Content und gut ist. Neu soll sein: Der Seitenbetreiber ist generell haftbar und schadensersatzpflichtig und muss sicherstellen, dass der Content der User keine Rechte Dritter verletzt. Der Seitenbetreiber hat die Pflicht, eine potentielle Rechteverletzung im Vorfeld zu erkennen. Und bitte jetzt kurz mal einen Moment überlegen was das bedeutet: Wie soll das gehen, dass man als Seitenbetreiber weiß, ob ein Textabschnitt oder Bild irgend welche Rechte verletzt? Das geht eigentlich nur mit [Uploadfiltern|https://de.wikipedia.org/wiki/Upload-Filter] ([Hintergrund-Video von Wikipedia|https://commons.wikimedia.org/w/index.php?title=File%3AWikimedia_-_Monsters_of_Law-_-NoUploadFilter._Die_gefilterte_Wikipedia-.webm]), die aber wiederum nicht zuverlässig funktionieren, im Zweifel zu viel filtern und vermutlich teuer sind, von der potentiellen Zensurinfrastruktur mal ganz abgesehen. Ein gefundenes Fressen für Abmahnanwälte. Hier ein paar Infos, noch kann man was tun und z.B. Abgeordnete kontaktieren oder __demonstrieren gehen ([z.B. am 23.3 ab 17 Uhr in Brüssel|https://www.savetheinternet.info/demos])__:

* [https://www.youtube.com/watch?v=Dw3v6tlKkiY]
* [https://www.youtube.com/watch?v=Nx6WyJcCHOs]
* [https://www.youtube.com/watch?v=FsZzAtYYGyU]
* [https://www.piratenpartei.de/saveyourinternet]
* [https://twitter.com/hashtag/artikel13?f=tweets&vertical=default&lang=de]
* [https://twitter.com/search?q=%23niewiederCDU&src=tyah&lang=de]
* [https://www.heise.de/newsticker/meldung/Wir-sind-die-Bots-ueber-1000-demonstrieren-gegen-Artikel-13-4311105.html]
* [https://www.internet-law.de/2019/02/uploadfilter-waren-gestern.html]
* [https://netzpolitik.org/2019/hier-sind-die-memes-gegen-artikel-13-und-die-eu-urheberrechtsreform/]

[Hier noch ein kurzer 1-Minuten-Ausschnitt der heutigen (19.2), letzten, kurzfristig vorverlegten Debatte im EU-Parlement|https://www.youtube.com/watch?v=j9mk0psGPCM&feature=youtu.be]. Sprecherin ist [Julia Reda von der Piratenpartei|https://juliareda.eu], welche darauf hinweist, wie weitreichend das Gesetz ist. Die endgültige Entscheidung im Parlament wird in ein paar Wochen erwartet.

Inzwischen ist der komplette [finale Text|https://t.co/khopIMbBHt] endlich freigegeben worden (aber erst nach der finalen Debatte!!). Hier der Auszug, der definiert, welche Webseiten unter den besagten Artikel 13 fallen:

''‘online content sharing service provider’ means a provider of an information society service
whose main or one of the main purposes is to store and give the public access to a large
amount of copyright protected works or other protected subject-matter uploaded by its users
which it organises and promotes for profit-making purposes.

Providers of services such as not-for profit online encyclopedias, not-for profit educational
and scientific repositories, open source software developing and sharing platforms (...) shall not be
considered online content sharing service providers within the meaning of this Directive.''

__Das lese ich so dass nur profitorientierte Webseiten unter das Gesetz fallen. Da wir keine Werbung schalten und nichts verkaufen, dürften wir also nicht darunter fallen. Hätten wir Werbung, sähe die Sache wohl anders aus.__

Ein Glück - zumindest für uns. Trotzdem ist das eine sehr schlechte Nachricht für das Internet im allgemeinen. Gerade für kleine Foren oder Blogs mit Werbung ist das ein echtes Problem.

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Allerdings gilt das nur für Artikel 13. __Artikel 11 beinhaltet eine Verschärfung des Zitatrechtes. Nur noch "einzelne Wörter" aus Presseerzeugnissen sollen in Zukunft verwendet werden dürfen, also z.B. keine vollständigen Überschriften.__ Letztlich soll damit Google gemolken werden, doch ähnliche Gesetze in Deutschland und Spanien sind bereits nach hinten losgegangen, denn Google entfernte halt alle Links auf Presseartikel, woraufhin die Umsätze bei den Verlegern einbrachen, welche dann Google - aber eben nur Google! - eine kostenlose Lizenz einräumten...! In Zukunft sollen nur Privatpersonen, die in privater Kommunikation Presseerzeugnisse zitieren - also z.B. in einer privaten EMail - das auch weiterhin kostenfrei tun dürfen. Twitter- oder Facebook Posts fallen schon nicht mehr darunter. Wer das Internet auch nur halbwegs versteht, kann sich da eigentlich nur noch die Haare raufen. Anstatt die Rechte der kleinen Leute zu stärken, wird das Internet immer mehr zu einer Einbahnstrasse umfunktioniert und die Meinungsfreiheit systematisch zurückgedrängt.

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Aber es ist nicht alles Mist. __Das aus meiner Sicht einzig positive ist die Klarstellung, dass Fotos von gemeinfreien Bildern selbst gemeinfrei sind, was z.B. für das Alchemisten-Buch mehr als erfreulich ist. __ So schön das auch ist, aber letztlich ist das nicht mehr, als bisheriges Recht noch einmal nachdrücklich festzuschreiben und freilaufende Gerichte, die sich zuletzt eine andere Rechtsinterpretation herausnahmen, an die Leine zu nehmen.

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§§T§§ritt man einen Schritt zurück, dann ist es schon sehr traurig, wie sich die Dinge im Netz entwickelt haben und weiter entwickeln. Es brökelt an allen Fronten (Netzneutralität?). Durch zunehmend restriktivere Gesetzgebung (Copyright) und überbordende Bürokratie (z.B. DSGVO) werden kleine Webseiten aus dem Netz gedrängt, und gerade die großen Seiten wie Google, Facebook, Amazon und die Verlage werden gestärkt, dabei sind die doch eh' schon Oligopole und hätten kaum weitere Zuwendung vom Gesetzgeber bedurft. Und während man als Anbieter jedes Cookie bestätigen und erklären muss (''ein Irrsinn sondergleichen, denn ausgerechnet die verteufelten Cookies sind Daten, über die ihr die volle Kontrolle habt, weil sie bei euch liegen und ihr sie daher per Browser-Einstellung löschen oder verhindern könnt'') und ihr mit Zustimmungshinweisen zugekleistert werdet, die zu Erblindung führen und die Illusion von Datenschutz geben, ganz so wie die stündlichen Nachrichtenhäppchen die Illusion von Mitsprache und Informiertheit vermitteln, sammeln die Staaten, Geheimdienste und großen Firmen weiter lustig unsere intimsten Daten. Die einen brauchen nicht fragen, die andern fragen zwar, aber man kann schlecht nein sagen. Dis scheint es irgendwie wirklich zu geben, und er ist mächtig.

Hasskommentare waren gestern. Als nächstes dürfte das Darknet dran sein, denn getreu dem Motto, wer was in einer Demokratie zu verbergen hat, ist wohl ein Verbrecher, dürfte die Nutzung des Darknets dann wohl bald strafbar sein. Der Gesetzgeber verbirgt sich derweil hinterm Datenschutz, oder wie man bei der Copyright-Direktive sehen durfte, finden die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen statt und selbst die Abgeordneten kriegen die Texte nicht zu sehen, über die sie abstimmen sollen. Wenn man philosophisch unterwegs ist, dann könnte man eventuell die Strafbarkeit der Kenntnis und Weitergabe bestimmter natürlicher Zahlen bedenklich finden (Dateien sind Folgen von Bits und nichts anderes als natürliche Zahlen, und bestimmte Dateien wie K-Pornos sind verboten oder nur zu den Bedingungen eines Lizenzgebers verfügbar). Selbst banale Ideen sind inzwischen zu Eigentum erklärt (Softwarepatente). So wie vor vielen Jahrhunderten mal das Land zu großen Teilen [Allmende|https://www.heise.de/tp/features/Ich-habe-was-was-du-nicht-hast-3368412.html] war, so waren es vor ein paar Jahrzehnten noch die Informationen - es gab ein praktisches Recht auf Privatkopie, und Software war kein Eigentum. Von einem "Informationszeitalter" würde ich angesichts der momentanen Entwicklung jedenfalls nicht mehr reden. Man könnte leicht in dystopische Ideen abgleiten. Tragbare Gehirnscanner und verbotene, gefilterte und lizenzpflichtige Gedanken? Ersteres wird auf freiwilliger Basis kommen als eine Art Super-Smartphone, letzteres ist dem Geiste heutiger Gesetzgebung gar nicht so fremd.

Aber es gibt eindeutig auch Lichtblicke. Die Open-Source-Bewegung ist etwas wunderbares und könnte ein Vorbild für andere Bereiche der Zusammenarbeit der Menschen sein. Und die ganzen alten Säcke und Säckinnen, die für die Entwicklungen der letzten zwanzig Jahre verantwortlich sind und für die das alles Neuland und nach wie vor ein "rechtsfreier Raum" ist, sterben bald weg. -- [Sebastian]

!! Nachtrag 24.2.2019

Mir wurde vorgeworfen, ich hätte hier Panikmache betrieben: ''Es sei ja in Artikel 13 immer nur um kommerzielle Webseiten gegangen. Der Betrieb unseres Wikis wäre also nie in Gefahr gewesen.'' Das klingt getragen, und meine Position ein wenig nach Fakenews und Aluhut. Das stimmt aber nicht. Zwischendurch gab es Meldungen im Netz, dass die Ausnahme nicht kommerzieller Webseiten gestrichen worden seien. Ich hatte das nur aus 2. Hand, glaube über Twitter, finde aber die Meldungen jetzt nicht mehr. Was ich aber finde sind geleakte Versionen, in denen Änderungen markiert sind und wo man sieht, dass die Ausnahme für nicht kommerzielle Webseiten mehrmals gestrichen oder umformuliert wurde, wie man [hier|https://www.politico.eu/wp-content/uploads/2018/09/Plenary-amendment-Article-13_Cavada.pdf] und [hier|https://edri.org/files/copyright/Copyright_AMs_FR_ES_IT_PT.pdf] sehen kann. Der entsprechende Teil scheint ein hart umkämpfter Bereich gewesen zu sein. Unter anderem wurde da zwischendurch "for profit making purposes" gestrichen.

Hierzu bitte noch mal kurz ins Gedächtnis rufen, dass der Gesetzestext in den 2 Jahren seiner Verhandlung nicht öffentlich gemacht wurde. Das waren Einzelgesprächen hinter verschlossenen Türen. Dass ein Text, über den das Parlament abstimmen soll, diesem selbst zur finalen Lesung nicht vorliegt, ist eine Unverschämtheit und wurde unter anderem von Julia Reda scharf kritisiert. Ich habe damals bei der Frage der Softwarepatente, über die das europäische Parlament Mitte 2000 abgestimmt hatte, live mitbekommen, auf welch üble Weise von Seiten der Patent-Lobby gekämpft wurde, als sich öffentlicher Druck aufbaute. Da wurden Lesungen und Abstimmungen kurzfristig auf Zeitpunkte gelegt, wo das Parlament kaum besetzt war, kurz vor Weihanchten z.B, oder es wurde plötzlich und heimlich das Landwirtschaftsressort für zuständig erklärt und dort weiterverhandelt. Ein ähnliches Muster zeigte sich auch jetzt wieder, nur mit anderen Tricks. Insbesondere die Taktik, erstmal zu beschwichtigen, den Gegnern den Wind aus den Segeln zu nehmen, öffentlichen Druck ins Leere laufen zu lassen und dann kurz vorm Ende die schlimmsten Befürchtungen noch zu übertreffen.

Und falls das Gesetz jetzt so durchkommt und die Ausnahme für "non-profit maling purposes" erstmal drin bleibt, wer garantiert, dass es dann auch dabei bleibt? Ich habe an anderer Stelle mitbekommen, wie sowas in einer Salamitaktik am Ende doch noch gekommen ist. Es gibt einen hohen Druck von Seiten der Lobbys, im Bereich der digitalen Rechte einzig die Interessen der großen Oligopole zu vertreten, dem man nur mit massivem öffentlichen Druck entgegenwirken kann.

Aber warum rege ich mich hier überhaupt so auf? Weil ich Programmierer bin und das Thema Digital Rights und Meinungsfreiheit mein Ding ist. Und als Mitbetreiber dieses Wikis auch davon betroffen bin. Und alte Säcke wie ich regen sich einfach gerne auf, das Hirn verkalkt und irgendwie war früher alles besser ;)

!!! Updates

1. Danke an Julia Reda und die Piratenpartei. Ich hätte nie gedacht, dass diese Partei noch mal eine Rolle spielen würde. -- [Sebastian]

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2. Und hier noch ein älterer offener Brief, den Tim Berners-Lee als "Erfinder" des Internets und andere Mitunterzeichner aus der Wissenschaft an die EU-Kommission geschrieben haben, [in deutscher Übersetzung|https://translate.google.de/translate?sl=en&tl=de&u=https%3A%2F%2Fwww.eff.org%2Ffiles%2F2018%2F06%2F13%2Farticle13letter.pdf]. Darin wird gewarnt, dass die Folgen auf das Internet schwerwiegend sein können und dass das Internet sich nie in der heutigen Form hätte entwickeln können, wenn es damals schon Uploadfilter gegeben hätte. Und unter anderem das Max Planck Institut wird zitiert, welches vor Upload-Filtern warnt und diese als nicht vereinbar mit der Europäische Charta der Grundrechte hält.

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3. Ich lese bei der [EFF|https://www.eff.org/deeplinks/2019/01/german-government-abandons-small-businesses-worst-parts-eu-copyright-directive], dass der Begriff "non-profit purpose" rechtlich nicht klar definiert ist und sich nicht zwangsläufig auf "erzielt keine Gewinne" bezieht, sondern von Gerichten geklärt werden muss. Es könnte demnach je nach Lesart sein, dass man dafür als NPO (Non-Profit Organisation) anerkannt sein muss. Aber ok, man muss ja nicht gleich den Teufel an die Wand malen. In einem auf Copyright spezialisiertem Blog lese ich, dass man davon ausgeht, dass es durch Artikel 13 in der Praxis weniger um Filter sondern mehr um pauschale Verträge der Webseiten mit Verwertungsgesellschaften wie der Gema oder VG Wort gehen wird.

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4. hier mal der Standpunkt eines Befürworters (Gema-Aufsichtsrat): [https://www.bffs.de/2019/02/23/gastbeitrag-von-micki-meuser/]

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5. Es droht mal wieder Vorverlegung, und zwar der finalen Abstimmung vor die angekündigten Demos am 23.3 - da wollte ich eigentlich in Brüssel mitmarschieren. Hier die Quelle: [https://twitter.com/Senficon/status/1102560646124720129]. Wäre schön, wenn man wenigstens die Illusion von Mitsprache aufrechterhalten würde, aber bei diesem ganzen Von-Oben-Herab und Hinter-Verschlossenen-Türen ist das nur das Sahnehäubchen. Aber schließlich hatte das EU-Parlament ja bereits letzte Woche ein mit Fehlinformation gespiktes "Alles-Nicht-So-Schlimm"-Video rausgebracht, das so tut, als wären das vollendete Tatsachen und die Abstimmung bereits durch ([https://www.heise.de/newsticker/meldung/Upload-Filter-und-Artikel-13-Wirbel-um-irrefuehrendes-Video-des-EU-Parlaments-4323610.html]). Was hätte Brandt wohl dazu gesagt - ein wenig mehr Peking wagen?

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6. Heise hat ein ausführliches [Interview mit dem Direktor des Max Planck Instituts für Innovation und Wettbewerb|https://www.heise.de/newsticker/meldung/EU-Copyright-Reform-die-Modernisierung-des-Urheberrechts-ist-aus-dem-Blickfeld-geraten-4324609.html?seite=all] geführt, welcher die Auswirkungen beleuchtet und sich klar gegen die Copyright-Directive ausspricht.

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7. speziell Artikel 11: [Sascha Lobo hat im Spiegel|http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/urheberrecht-die-alles-mitmach-partei-spd-a-1256527.html] weitere, sagen wir mal, krasse Thesen, warum ein solcher Müllhaufen von Scheissgesetz es gerade zur Abstimmung schafft. Kurz: Das Gesetz hat sich die Bild-Zeitung ausgedacht, es nützt nur den Verlegern. Merkels damaliger Kanzleramtsminister Eckart von Kladden ist zufällig der Bruder des Bild-Beauftragten für Regierungsbeziehungen Dietrich von Kladden, Friede Springer ist ihre gute Freundin. Und Olaf Scholz (SPD) will Kanzler werden und glaubt, dass man dafür die Bild-Zeitung braucht. Springer ist offenbar der eigentliche Souverän in Deutschland. Und Deutschland hat das Gesetz in der EU durchgedrückt. Wie hat es Judith Holofernes von Wir sind Helden mal treffend formuliert: ''"Die Bild­zei­tung ist ein ge­fähr­li­ches po­li­ti­sches In­stru­ment – nicht nur ein stark ver­grö­ßern­des Fern­rohr in den Ab­grund, son­dern ein bös­ar­ti­ges Wesen, das Deutsch­land nicht be­schreibt, son­dern macht. Mit einer Agen­da."''

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8. speziell Artikel 11: [Ásta Helgadóttir|https://twitter.com/asta_fish/status/1102551306525384704] beleuchtet auf Twitter die Historie der Versuche der deutschen Presseverleger, Nachrichten per Urheberrecht schützen zu lassen. Es beginnt 1850, als sich die Presseverleger durch die neue Technologie des Telegrams bedroht fühlen. Die Politik lehnt ab. Aber die Presseverleger lassen nicht locker: 1850, 1886, 1908, 1925, 1948, 1967 versuchen sie es wieder, und jedesmal wird ihr Anliegen abgelehnt. Statt dessen wird festgeschrieben, dass Nachrichten nicht dem Urheberrecht unterliegen dürfen, weil es für die Gesellschaft wichtiger sei, dass Nachrichten frei verfügbar sind. Über 160 Jahre lang haben deutsche Presseverleger es immer wieder versucht, und keine Regierung hat sich dem gebeugt..... und dann kam Merkel, oder besser, sie bückte sich. 2013: Die Bundesregierung führt im Sinne des Vorschlags von 1927 einen neuen Copyright-Zusatz für Online-Presseverlage ein, der allgemein als Fehlschlag betrachtet wird. 2016: Die EU-Urheberrechtsrichtlinie schlägt einen neuen EU-weiten Zusatz-Urheberrechtsschutz für Presseverleger vor. 2019: Die Copyright-Reform der EU ist fast zu Ende, und wir werden am Ende eine sehr deutsche Perspektive und Vorstellung von der Bedeutung der Nachrichten erhalten: Ein Informationsmonopol für die große Presse, um mehr Einnahmen zu erzielen.

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9. [Die Tagesschau ist endlich aufgewacht|https://www.youtube.com/watch?v=krhf-nuTbOU] und bringt einen Bericht, wenn auch mit der typischen, den öffentlich-rechtlichen Medien eigenen [Propaganda|https://de.wikipedia.org/wiki/Propaganda]-Note, weil die Digitalpolitiker der CDU das ja schließlich ablehnen würden. So entsteht der Eindruck: Nein nein, wir von der CDU waren das gar nicht, die in Brüssel sind schuld, wir versuchen sie zu überzeugen, den Mist abzulehnen... Komisch, denn nach diversen [Quellen|https://www.golem.de/news/uploadfilter-regierung-bricht-koalitionsvertrag-in-eu-abstimmung-1902-139520.html] war es die Bundesregierung selbst, die CDU und allen voran Merkel, die das ganze auf EU-Ebene durchgedrückt hat! [Und die CDU hat im Europaparlament geschlossen dafür gestimmt|https://twitter.com/martinsonneborn/status/1039884592466075648?lang=de]!

Bei dieser Gelegenheit muss ich an den Vertreter des Journalismusverbandes in der Deutschlandradio-Sendung vor ein paar Tagen denken (die hatte auch so einen tollen Titel wie "Hass und Fake-News im Internet", es ging aber nur um die Copyright-Directive, und alle in der Runde waren dafür und nur Julia Reda dagegen). Jedenfalls war der Journalist "mit Bauchschmerzen" dafür, "wird schon alles nicht so schlimm", "ich glaube ans System", und das insbesondere nach den erbosten Einwand eines anrufenden Kollegen, dass nämlich die Urheber gerade nicht von den neuen Gesetzen profitieren, weil die Verlage jetzt auch einen großen Batzen von den Verwertungsgesellschaften wie Gema und Wort&Bild erhalten sollen - Geld das zuvor nur den Journalisten und Künstlern zustand. Julia Reda hat bei diesem Punkt am Ende noch mal mit einem leichten Grinsen in der Stimme nachgehakt, wie er als Vertreter eines Journalistenverbandes sich hier gegen die Interessen seiner Kollegen und für die Verlage positionieren und die berechtigten Einwände seines Kollegen so als unbegründet abtun könnte. Seine Reaktion war wütende Schnappatmung und argumentativer Murks.

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10. [Edward Snowden|https://twitter.com/Snowden/status/1103065119792250887] schreibt übersetzt: "In weniger als einem Monat wird das Europäische Parlament nicht nur über ein neues Urheberrechtsgesetz, sondern auch über die Zukunft des freien und offenen Internets entscheiden. Wenn Sie aus der Europäischen Union kommen, werden Sie jetzt aktiv: [https://pledge2019.eu]"

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11. [Ein Hersteller von Content Filter Systemen vom Frauenhofer Institut|https://www.linkedin.com/pulse/content-filters-sale-due-consideration-steffen-holly/?articleId=6506925241481068545] beschreibt, warum er gegen Uploadfilter ist, mit viel Hintergrundinfo.

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12. [Unsere Justizministerin gibt zu, dass Artikel 13 zwangsläufig zu Uploadfiltern führt (ach!)|https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/eu/id_85374014/barley-es-laeuft-auf-upload-filter-hinaus-.html]. [Wikimedia wird am 21.3 aus Protest gegen das Gesetz offline sein|https://www.golem.de/news/uploadfilter-wikipedia-protestiert-mit-abschaltung-gegen-artikel-13-1903-139892.html]. Und ein offener Brief eines Zusammenschlusses kleiner Forenbetreibern warnt, dass [ein Kahlschlag bei ehrenamtlichen Projekten und kleinen Diensten droht.|https://www.golem.de/news/uploadfilter-reform-bedroht-foren-und-lehrmittelangebote-im-netz-1903-139894.html].

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13. Julia Reda in [NTV|https://amp.n-tv.de/politik/Da-geht-es-nicht-nur-um-Youtube-article20897132.html] zu der Frage, wie sich das Internet verändern würde: "Das Internet würde sich massiv verändern. Es würde wahrscheinlich stärker so aussehen wie das Kabelfernsehen früher. Die Möglichkeit, dass jeder selbst Inhalte ins Netz stellen kann, ohne größere technische Kenntnisse zu haben, wäre wahrscheinlich wesentlich eingeschränkt. "
Dazu fällt mir ein: Insbesondere aussereuropäischer Content (USA, GB, ...) jehnseits von Hollywood würde damit im europäischen bzw deutschen internet viel weniger vertreten sein. Ich schaue sehr gerne Youtube Videos aus den USA, vor allem Infotainment wie TED Talks oder Numberphile. Dass jemand, der in den USA Videos einstellt, sich um komplizierte und teure europäische Lizenzen kümmert? Schon heute wird manches GEO geblocked, so ist zum Beispiel Projekt Gutenberg in Deutschland nicht verfügbar.

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14. Uploadfilter v2 : [Terrorfilter (Video von Kanzlei WBS)|https://youtu.be/w6J-68_xALU]! __Diesmal soll es jede Webseite mit Nutzergenerierten Inhalten treffen - also auch uns. Webseitenbetreiber müssen innerhalb von 1h auf Anzeigen reagieren oder Uploadfilter installieren.__ Und im Gegensatz zur Copyright-Directive ist das eine Verordnung, also sofort nationales Gesetz, sobald das in der EU Regierung beschlossen wurde. Wirklich ein sehr "verhältnismäßiges" Gesetz - Earthdawn Wiki, ein Hort des Terrorismus? Wie eine Pro Artikel 13 Lobbyistin letztens [twittert|https://mobile.twitter.com/Senficon/status/1104823630251417608] ist online Protest gegen Artikel 13 für sie schon Terrorismus...

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15. Die Entscheidung im EU Parlament soll am 26.3 stattfinden. Derweil twittert das ZDF ein wenig [Pro-Voss|https://mobile.twitter.com/ZDFheute/status/1104958634369445888], während der [UN-Sonderberichterstatter für Meinungsfreiheit|https://mobile.twitter.com/Senficon/status/1105144438639214594] vor diesem fatalen Gesetz warnt. Und als hätte man sich mit der EU abgesprochen, plant Russland, die Zensur zu verstärken und den Rest der Welt aus seinem Interner abzufiltern.

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16. Der offene Brief deutscher Internetforen: [https://foren-gegen-uploadfilter.eu/offener-brief/]

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17. [Golem|https://www.golem.de/news/uploadfilter-der-generalangriff-auf-das-web-2-0-1903-140022.amp.html] beleuchtet, wie sich Artikel 13 in der Praxis unter anderem bei kleinen Foren auswirken dürfte. Gerade im Bildbereich ist es offenbar für kleine Anbieter wie uns sehr kostspielig, allgemeine Lizenzen bei der Verwrtungsgesellschaft Wort&Bild zu bekommen (im Gegensatz zu z.B. Musik, wo man mit 250€/Jahr anfängt). Und selbst wenn man eine generelle Lizenz bei Wort&Bild erworben hat, ist man vor Lizenzverstössen nicht sicher: Wenn z.b der echte Ersteller des Bildes nicht genannt wird, oder wenn das Bild verändert wurde und diese Nutzung verboten wurde. Die Rechtsunsicherheit ist dadurch sehr gross. Uploadfilter unvermeidlich.

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18. Wikipedia ist aus Protest heute einen Tag offline, und auch wir schalten ein von Fefe geklautes kleineres Hinweisbanner.

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19. [Rezo|https://youtu.be/iNpB73CAdL8] setzt sich in einem Youtube Video sehr informiert und mit Belegen ausführlich mit der Pro Artikel 13 Propaganda auseinander, welche vor allem von Vertretern der Gema und der FAZ gestreut wird. Nebenbei lernt man einiges über die verwendeten Propagandatechniken (das ganze erinnert mich an ["wie man Bullshit erkennt"|https://www.youtube.com/watch?v=qTKat-O7F7g] von Mai Lab). Man kann festhalten: ''Entlarvt und vollkommen vernichtet!'' Man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen: ''Ein Youtuber zerlegt die FAZ und belehrt sie, wie eine sachliche Diskussion geführt wird!''

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20. Ich werde am Samstag (23.3) in Dortmund demonstrieren und dort von Seiten der Piratenpartei mithelfen. Die Demo startet um 14:00 Uhr in Dortmund am Europabrunnen. [Weitere Demos finden in diversen Städten statt|https://www.piratenpartei.de/saveyourinternet/]. Bitte gebt euch einen Ruck, denn das hier ist der erste Dominostein in Richtung Zensur. Wenn der umfällt, dann werden die geplanten Terrorfilter nicht mehr aufzuhalten sein (Zensur jeder Webseite ohne Ausnahme und mit geheimen Umfang). Natürlich gibt es wichtigere Probleme auf dieser Welt. Aber mit der Meinungsfreiheit fängt alles an. Wenn dieses Grundrecht fällt, dann fallen die anderen Grundrechte um so leichter. GG §5.1 ''Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.'' Wenn geheime Algorithmen jede Veröffentlichung auf Webseiten bereits vor der Veröffentlichung filtern, dann ist das Zensur. Im Rechtsstaat ist solch ein Instrument keine Gefahr? Der Forenbereich des regierungsinnigen Spiegels deutet an, wohin die Reise gehen könnte. Der Spiegel hat unter manchen Artikeln eine Kommentarfunktion, unter manchen nicht. Ein Informatiker hat das auf dem [33c3 analysiert|https://www.youtube.com/watch?v=-YpwsdRKt8Q] und stellt fest, dass es da ein klares Muster gibt: Artikel, bei denen kritische Kommentare in Bezug auf unser System zu erwarten sind, sind meist schon im Vorfeld nicht kommentierbar...

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21. Heute ist es soweit. Der grosse Tag. Demos in ganz Deutschland. Etwas kühl und bewölkt. Ich starte gleich zum Helfen für die Vorbereitungen. Julia Reda hat gestern noch ein [Interview|http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/julia-reda-zum-urheberrecht-lieber-keine-reform-als-diese-a-1259040-amp.html] im Spiegel gegeben. Alles ist offen.

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22. Die Demos waren ein Erfolg. Es war beeindruckend, so viele informierte, positive, kreative Menschen zu sehen, die für ihre Art zu Leben und die Grundrechte friedlich demonstrieren. Unter anderem durfte ich Florentine kennen lernen, die selbst eine Rede hielt und extra aus Bayern angereist war, hier ihr [Blog|
http://floraluba.de/ein-telefonat-mit-axel-voss-ueber-artikel-11-und-13/], in dem sie einen Anruf von Axel Voss beschreibt und das längere Telefonat. Nur soviel: Unsymphatisch ist er nicht, durchaus nicht, und er hat gute Absichten, nur leider lebt er in einer anderen Welt.

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23. Das Imperium schlägt zurück: die Springer Presse erinnert daran, dass Axel Voss Morddrohungen erhalten hat und behauptet, [die Demonstranten wären mit 450,- Euro pro Person von den großen Internet-Giganten gekauft worden|https://twitter.com/CDU_CSU_EP/status/1109467763825889281]... ich hätte jetzt natürlich gerne mein Geld.... weiter kommentiert sie ["Wenn heute in ganz Europa vor allem junge Menschen gegen die Urheberrechtsreform der EU mobilmachen, dann (...) etwas Masochistisches und erinnert beinahe an den Hurrapatriotismus junger Kriegsbegeisterter früherer Zeiten."|https://twitter.com/niggi/status/1109878968281382913]), auch in anderen Blättern wie der Süddeutschen oder FAZ gab es Diffamierungen bzw. Kampagnen. Und heute Abend, 25.3, lädt die Copyright-Lobby natürlich noch schnell die Abgeordneten zum Briefing, äh, [feudalen Dinner ein|https://twitter.com/markusreuter_/status/1110103557603237889]. Nur wer dachte, die FDP wäre eine Alternative, denn Christian Lindner hatte sich ja lautstark gegen Artikel 13 positioniert: die [Liberale Fraktion Europas empfiehlt für Artikel 13|https://twitter.com/DarthSquig/status/1110204213085261824] zu stimmen.

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24. Ein älterer, kämpferischer Text gegen die [Copyright Directive|https://translate.googleusercontent.com/translate_c?depth=1&nv=1&rurl=translate.google.de&sl=auto&sp=nmt4&tl=de&u=https://www.opendemocracy.net/en/can-europe-make-it/civilised-societies-don-t-call-it-censorship-but-copyright/&xid=17259,15700022,15700186,15700191,15700248,15700253&usg=ALkJrhhy56fRTqXUSzBILbxfwba6_UV0BA]

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25. Die Zeit hat ein freundlich-kritisches [Interview|https://www.zeit.de/amp/digital/internet/2019-03/axel-voss-artikel-13-uploadfilter-urheberrechtsreform] mit Axel Voss geführt und einmal mehr wird klar, dass dieser Mann und die ganzen Politiker und Lobbys hinter ihm nicht wissen, was sie anrichten. Der Mann ist auf fast bemitleidenswerte, liebenswürdige Art unfähig und stur. Unfähig, die Folgen seiner Direktive zu überblicken, und zu stur, sich diesen Mangel einzugestehen. Damit ist er gefährlicher als ein gerissener böswilliger Schurke, der die Argumente seiner Gegner versteht und im Sinne des Machterhalts Zugeständnisse macht. Axel Voss ist der Otto-Normal Bildzeitungsleser des Parlamentes, der unschuldige freundliche Herr von nebenan, auf den Verlass ist, den jeder mag, der sich nie etwas zuschulden kommen lässt und der mangelnde Befähigung durch Sturheit kaschiert. Axel Voss ist der aufrechte Untertan eines Systems, in dem Industrie, Medien und Politik aus einem Guss sind und die mahnenden Stimmen informierter Bürger und Experten nur als Bots, Mopp, Wutbürger, Schulschwänzer und weltfremder Fachidioten abgetan werden, einer rückwärtsgewandten untergehenden Welt aus Papier, Fernsehen, Diesel, Wachstumswahn und Informationsmonopolen. Die einst so schöne göttergeliebte Europa, strahlend vor Geist, jetzt altersschwach und Dement, schiebt sich und ihren entsetzten Enkeln einen schweren Marmordeckel übers Grab.

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26. __Die finale Abstimmung ist Dienstag, 26.3 um 12:30 und wird live [gestreamed|http://www.europarl.europa.eu/plenary/en/home.html].__

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27. Das Parlament hat die Copyright Directive - also Artikel 11,12,13 - soeben beschlossen. Ohne Änderungen. :-( [#niewiedercdu|https://twitter.com/hashtag/niewiedercdu]

[center:https://pbs.twimg.com/media/D2lvR35XcAArVsz.jpg]

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